Sabiha Gökçen
Hm, was könnte das sein? Die Frage werden Sarah und ich uns die nächsten Tage noch öfter stellen. Wer kein türkisch kann, findet es erst amüsant, dann merkwürdig und letztendlich einfach unverständlich :D
In diesem Fall handelt sich um unseren Landeflughafen. Groß und wunderschön gestaltet haben wir ihn mittels Buslinie E10 verlassen. Ja das Busfahren, oder wohl eher das Fahren- dürfen hatte sich insofern als schwierig erwiesen, dass wir eine sogenannte „Istanbul-card“ brauchten. Das wussten wir auch aus unserem Reiseführer, der im Übrigen wirklich wirklich gut ist.
So, wir brauchten also diese Karte, nur wo würden wir die Karte erhalten? Nach endlosen Schaltern, an denen man alles, nur keine Istanbulcard erhalten kann, trafen wir auf eine Türkin, die gut deutsch sprach und so freundlich war, für uns eine zu kaufen.
Nun sitze ich im Bus, neben mir der große Rucksack, hinter mir die müde Sarah. Sie ist noch niedlicher als normal, wenn sie müde ist ^^
Es ist um die Mittagszeit in Istanbul, warm und stickig, wir sind von Menschenmassen umgeben. Sie drängen sich aneinander wie Tiere, die frieren. Nur liegt der Unterschied darin, dass sie nicht frieren müssen.
Die Fahrt dauert eine Stunde. Ich bin beeindruckt von den vielen Wohnhäusern, alle haben sie immer Brüder und Schwestern, die ihnen vollkommen gleichen. Ein paar Meter weiter stehen dann wieder etwas andere Häuser, die ebenso Zwillinge haben. Um sie herum erstrecken sich Zäune und Mauern, in Ihnen ist es grün, vor Ihnen schlafen Straßenhunde, die die Sonne genießen.
Sie tragen Ohrmarken, keine Halsbänder. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob die Marken wirklich dafür stehen, dass es sich um in Menschenbesitz lebende Tiere handelt.
Weiterund weiter schnellen meine Augen, der Bus raßt nur so durch die engen Gassen, kommen wir nicht voran, wird gehupt. Tausende bunter Bilder, tausende Menschen, tausende Dinge, die man kaufen kann zischen an uns vorbei und es fällt mir schwer, aufmerksam zu bleiben. Eindrücke schmettern auf mich ein und mein Kopf scheint nach dem wenigen Schlaf und dem Flug kaum hinterher zu kommen.
Die Häuser sind alle sehr hoch, eng und schmal. Es drängt sich Fenster an Fenster. Alle haben einen ähnlichen Stil, alle sind schon sehr alt. Es erinnert mich ein wenig an Polen und Tschechien, denn je weiter wir in die Stadt fahren, desto mehr kleine Läden tümmeln sich am Fuße der Straße. Ihre Schilder sind ranzig, die Wahre quillt nur so aus ihnen heraus. Aber sie haben ihren eigenen Charme.
Kadiköy
Nach über eine Stunde Fahrt kommen wir am Hafen vom Stadtteil Kadiköy an. Auch hier strotzt es nur vor Leben. Hunderte Busse fahren und hupen und stehen und warten. Wir hangeln uns einen schmalen Fußgängerweg entlang und machen uns auf dem Weg zu unserem Hostel. Adresse: Uzun Hafız Sokak No:50
Nach ein bisschen Suchen und mit Hilfe unseres Reiseführers haben wir es dann endlich gefunden. Die nächste Hürde: wie kommen wir da rein? Eine Tür ohne Klinke und drei Klingeln zur Auswahl. Sarah entscheidet sich für die Unterste und Tatsache, es macht uns jemand auf. Raus aus dem kühlen Sonnentag rein in ein Zimmer, dessen Klimaanlage die Raumtemperatur dauerhaft auf 30°C hält. Wir verdunsten innerhalb von Sekunden, aber ein herzhaftes Lachen beschert uns der nette Herr, der kaum english spricht. Wir betreten ein sauberes Zimmer nur für uns zwei, legen die Sachen ab und beschließen los zu ziehen, die Stadt erkunden.
Um die Nase weht etwas Smog, hupende Auto ziehen an uns vorbei, es ist laut und voller Menschen. Aber ich werde hineingezogen wie von einem Strudel, je weiter wir in das Innere vordringen, desto mehr fühle ich mich wie ein Fisch in einem großen Schwarm. Um uns herum tausende kleine Läden, jeder anders als die anderen und doch haben sie so viel gemeinsam. Überall Leben. So so viel Leben und die Blicke finden keine Ruhe. Mein Herz passt sich dieser Schnelle an. Es ist wie ein Fieber und ich könnte gehen und gehen und würde nicht müde.
„Guck da ist die Körsche.“ Sage ich zu Sarah. „Waaas?“ antwortet sie und lacht los. „Na da.“ Mein Finger zeigt auf die große Kirche, die im Reiseführer als sehenswert ausgeschrieben ist und die wir finden wollten. Das Lachen nimmt kein Ende und wir bemühen uns Schritt zu halten und nicht auf dem Boden zu landen. Manchmal dringt eben doch ein bisschen sächsischer Dialekt aus meinem Mund. ^^
Auch die kleinen Gassen ziehen uns an. In ihnen steckt ein Zauber, kleine Geheimnisse, die sie erst beim näheren Hinsehen Preis geben. Malereien, die einen schwärmen lassen.
Neben all den Dingen, die begeistern steckt ein kleiner Tropfen Wehmut im großen Glas Istanbul. Hier in Kadiköy sind es nicht die Hunde, die das Lächeln schwinden lassen. Es sind die Katzen, die von struppigem Fell gemakert, die Mülltonnen durchstreifen, ihre Artgenossen angeifern und irgendwie immer traurig aussehen. An einer Ecke liegt eine blutig verschmierte. Ich schließe die Augen für ein paar Sekunden, hole tief Luft. In weniger als ich denken kann hat sich eine eiskalte Mauer um mich errichtet und die schreit: sieh bloß nicht nochmal hin! Und so schlucke ich, öffne die Augen und laufe weiter mit dem Zwang im Kopf, ihn nicht zu senken.
Strand, Meer, Freiheit
Nichts lieber als ans Wasser wollte ich schon an diesem ersten Tag. Ich liebe die Luft, sie strömt durch meine Lungen und auch, wenn sie nicht besonders riecht, weil Fisch mitschwingt. Es ist mir gleich. Ich könnte die Arme heben und den Wind um meine Nasen wehen lassen. Freiheit schreit das Meer- Freiheit schreie ich zurück und ich fühle mich leicht.
Es dämmert, als wir ein wenig verschlafen in einem kleinen, ja sehr kleinen Waffelrestaurant sitzen. Vor uns eine Waffel am Spieß. Es ergießt sich Schokolade darüber, beträufelt mit Pistazien. Ich pruste. Die Hälfte ist geschafft- es schmeckt keine Frage mehr als nur gut- es ist nur einfach viel zu viel. Dabei dachten Sarah und ich, als wir die Waffeln am Spieß sahen, dass es locker zu schaffen sein. Nach ewig langer Zeit des Genießens machen wir uns auf in Richtung Betten. Der Tag war lang, die Meter, die unsere Füße zurück gelegt hatten, ebenso. Es folgt Erschöpfung und guter Schlaf. In meinen Träumen denke ich an wärmende Hände. Ich kuschel mich in mein Kissen.
Die Erinnerungen an die vergangenen Stunden lassen mich schwärmen und in meiner Traumnaivität stelle ich mir vor, wie es wohl wäre, wenn ich nur eines der hunderten Brautkleider anprobiert hätte, die wir heute gesehen haben. Es wimmelte nur so von ihnen. Jedes zweite Geschäft hatte diese Träume in weiß in ihren Schaufenstern stehen, oben unten links und rechts. Eine ganze Straße- ach was rede ich, der ganze Stadtteil ist ein Brautkleidparadies! Eines schöner als das andere. Ein Lächeln macht sich breit. Ruhe umgibt mich, bis ich merke, dass Sarah auch noch wach ist. Sie hatte sich gerade umgezogen und mit mir gesprochen. In meiner Trägheit, habe ich kaum verstanden was sie sagte. Ich schweige, mein Kopf rattert und ich frage sie: „Deine Titten sind verklemmt?“ Sarah lacht los. Über meinem Kopf nur Fragezeichen. Sie wiederholt: „Die TÜRKEN sind doch eh alle verklemmt.“
Gelächter macht sich breit. Bald werden wir merken, dass Türken alles andere als verklemmt sind.
Satz des Tages: Meine Titten sind verklemmt.
Wort des Tages: Körsche
Hm, was könnte das sein? Die Frage werden Sarah und ich uns die nächsten Tage noch öfter stellen. Wer kein türkisch kann, findet es erst amüsant, dann merkwürdig und letztendlich einfach unverständlich :D
In diesem Fall handelt sich um unseren Landeflughafen. Groß und wunderschön gestaltet haben wir ihn mittels Buslinie E10 verlassen. Ja das Busfahren, oder wohl eher das Fahren- dürfen hatte sich insofern als schwierig erwiesen, dass wir eine sogenannte „Istanbul-card“ brauchten. Das wussten wir auch aus unserem Reiseführer, der im Übrigen wirklich wirklich gut ist.
So, wir brauchten also diese Karte, nur wo würden wir die Karte erhalten? Nach endlosen Schaltern, an denen man alles, nur keine Istanbulcard erhalten kann, trafen wir auf eine Türkin, die gut deutsch sprach und so freundlich war, für uns eine zu kaufen.
Nun sitze ich im Bus, neben mir der große Rucksack, hinter mir die müde Sarah. Sie ist noch niedlicher als normal, wenn sie müde ist ^^
Es ist um die Mittagszeit in Istanbul, warm und stickig, wir sind von Menschenmassen umgeben. Sie drängen sich aneinander wie Tiere, die frieren. Nur liegt der Unterschied darin, dass sie nicht frieren müssen.
Die Fahrt dauert eine Stunde. Ich bin beeindruckt von den vielen Wohnhäusern, alle haben sie immer Brüder und Schwestern, die ihnen vollkommen gleichen. Ein paar Meter weiter stehen dann wieder etwas andere Häuser, die ebenso Zwillinge haben. Um sie herum erstrecken sich Zäune und Mauern, in Ihnen ist es grün, vor Ihnen schlafen Straßenhunde, die die Sonne genießen.
Sie tragen Ohrmarken, keine Halsbänder. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob die Marken wirklich dafür stehen, dass es sich um in Menschenbesitz lebende Tiere handelt.
Weiterund weiter schnellen meine Augen, der Bus raßt nur so durch die engen Gassen, kommen wir nicht voran, wird gehupt. Tausende bunter Bilder, tausende Menschen, tausende Dinge, die man kaufen kann zischen an uns vorbei und es fällt mir schwer, aufmerksam zu bleiben. Eindrücke schmettern auf mich ein und mein Kopf scheint nach dem wenigen Schlaf und dem Flug kaum hinterher zu kommen.
Die Häuser sind alle sehr hoch, eng und schmal. Es drängt sich Fenster an Fenster. Alle haben einen ähnlichen Stil, alle sind schon sehr alt. Es erinnert mich ein wenig an Polen und Tschechien, denn je weiter wir in die Stadt fahren, desto mehr kleine Läden tümmeln sich am Fuße der Straße. Ihre Schilder sind ranzig, die Wahre quillt nur so aus ihnen heraus. Aber sie haben ihren eigenen Charme.
Kadiköy
Nach über eine Stunde Fahrt kommen wir am Hafen vom Stadtteil Kadiköy an. Auch hier strotzt es nur vor Leben. Hunderte Busse fahren und hupen und stehen und warten. Wir hangeln uns einen schmalen Fußgängerweg entlang und machen uns auf dem Weg zu unserem Hostel. Adresse: Uzun Hafız Sokak No:50
Nach ein bisschen Suchen und mit Hilfe unseres Reiseführers haben wir es dann endlich gefunden. Die nächste Hürde: wie kommen wir da rein? Eine Tür ohne Klinke und drei Klingeln zur Auswahl. Sarah entscheidet sich für die Unterste und Tatsache, es macht uns jemand auf. Raus aus dem kühlen Sonnentag rein in ein Zimmer, dessen Klimaanlage die Raumtemperatur dauerhaft auf 30°C hält. Wir verdunsten innerhalb von Sekunden, aber ein herzhaftes Lachen beschert uns der nette Herr, der kaum english spricht. Wir betreten ein sauberes Zimmer nur für uns zwei, legen die Sachen ab und beschließen los zu ziehen, die Stadt erkunden.
Um die Nase weht etwas Smog, hupende Auto ziehen an uns vorbei, es ist laut und voller Menschen. Aber ich werde hineingezogen wie von einem Strudel, je weiter wir in das Innere vordringen, desto mehr fühle ich mich wie ein Fisch in einem großen Schwarm. Um uns herum tausende kleine Läden, jeder anders als die anderen und doch haben sie so viel gemeinsam. Überall Leben. So so viel Leben und die Blicke finden keine Ruhe. Mein Herz passt sich dieser Schnelle an. Es ist wie ein Fieber und ich könnte gehen und gehen und würde nicht müde.
„Guck da ist die Körsche.“ Sage ich zu Sarah. „Waaas?“ antwortet sie und lacht los. „Na da.“ Mein Finger zeigt auf die große Kirche, die im Reiseführer als sehenswert ausgeschrieben ist und die wir finden wollten. Das Lachen nimmt kein Ende und wir bemühen uns Schritt zu halten und nicht auf dem Boden zu landen. Manchmal dringt eben doch ein bisschen sächsischer Dialekt aus meinem Mund. ^^
Auch die kleinen Gassen ziehen uns an. In ihnen steckt ein Zauber, kleine Geheimnisse, die sie erst beim näheren Hinsehen Preis geben. Malereien, die einen schwärmen lassen.
Neben all den Dingen, die begeistern steckt ein kleiner Tropfen Wehmut im großen Glas Istanbul. Hier in Kadiköy sind es nicht die Hunde, die das Lächeln schwinden lassen. Es sind die Katzen, die von struppigem Fell gemakert, die Mülltonnen durchstreifen, ihre Artgenossen angeifern und irgendwie immer traurig aussehen. An einer Ecke liegt eine blutig verschmierte. Ich schließe die Augen für ein paar Sekunden, hole tief Luft. In weniger als ich denken kann hat sich eine eiskalte Mauer um mich errichtet und die schreit: sieh bloß nicht nochmal hin! Und so schlucke ich, öffne die Augen und laufe weiter mit dem Zwang im Kopf, ihn nicht zu senken.
Strand, Meer, Freiheit
Nichts lieber als ans Wasser wollte ich schon an diesem ersten Tag. Ich liebe die Luft, sie strömt durch meine Lungen und auch, wenn sie nicht besonders riecht, weil Fisch mitschwingt. Es ist mir gleich. Ich könnte die Arme heben und den Wind um meine Nasen wehen lassen. Freiheit schreit das Meer- Freiheit schreie ich zurück und ich fühle mich leicht.
Es dämmert, als wir ein wenig verschlafen in einem kleinen, ja sehr kleinen Waffelrestaurant sitzen. Vor uns eine Waffel am Spieß. Es ergießt sich Schokolade darüber, beträufelt mit Pistazien. Ich pruste. Die Hälfte ist geschafft- es schmeckt keine Frage mehr als nur gut- es ist nur einfach viel zu viel. Dabei dachten Sarah und ich, als wir die Waffeln am Spieß sahen, dass es locker zu schaffen sein. Nach ewig langer Zeit des Genießens machen wir uns auf in Richtung Betten. Der Tag war lang, die Meter, die unsere Füße zurück gelegt hatten, ebenso. Es folgt Erschöpfung und guter Schlaf. In meinen Träumen denke ich an wärmende Hände. Ich kuschel mich in mein Kissen.
Die Erinnerungen an die vergangenen Stunden lassen mich schwärmen und in meiner Traumnaivität stelle ich mir vor, wie es wohl wäre, wenn ich nur eines der hunderten Brautkleider anprobiert hätte, die wir heute gesehen haben. Es wimmelte nur so von ihnen. Jedes zweite Geschäft hatte diese Träume in weiß in ihren Schaufenstern stehen, oben unten links und rechts. Eine ganze Straße- ach was rede ich, der ganze Stadtteil ist ein Brautkleidparadies! Eines schöner als das andere. Ein Lächeln macht sich breit. Ruhe umgibt mich, bis ich merke, dass Sarah auch noch wach ist. Sie hatte sich gerade umgezogen und mit mir gesprochen. In meiner Trägheit, habe ich kaum verstanden was sie sagte. Ich schweige, mein Kopf rattert und ich frage sie: „Deine Titten sind verklemmt?“ Sarah lacht los. Über meinem Kopf nur Fragezeichen. Sie wiederholt: „Die TÜRKEN sind doch eh alle verklemmt.“
Gelächter macht sich breit. Bald werden wir merken, dass Türken alles andere als verklemmt sind.
Satz des Tages: Meine Titten sind verklemmt.
Wort des Tages: Körsche
miastew am 12. April 2013 | 0 Kommentare
| Kommentieren